Leistungsschutzrecht - die Zensur droht!
Der Zensurfilter droht!
Haben sie schon einmal etwas über das Leistungsschutzrecht im Internet gehört? Nein? Eventuell etwas über Upload Filter oder gar Urheberrechtsverstößen im Internet? Alles weit weg? Damit haben sie nichts zu tun? Mitnichten- die Debatte um die Zukunft von Leistungsschutzrechten tobt schwerer als jemals zuvor und wird wesentlichen Auswirkungen auf den Nutzungsalltag aller Internetuser haben.
Um was geht es?
Das Leistungsschutzrecht nach Artikel 13 soll in Zukunft gewährleisten, dass jedes Bild, jede Musik, jedes Werk VOR dem Upload auf mögliche Urheberverstöße geprüft werden soll. Wenn einer dieser Filter anschlägt, wird der Upload verhindert. Diese Filterfunktion gilt zunächst für die großen Plattformen wie YouTube und Facebook aber ebenfalls für viele weitere Seiten, die den Upload von Nutzercontent ermöglichen.
Wo liegt das Problem?
Allein auf YouTube werden jeden Tag ca. 300.000 neue Videos und ca. 80.000 Stunden Material hochgeladen. Das damit keine „handverlesene“ Prüfung erfolgen kann, ist klar. Aber hier liegt auch der Knackpunkt. Es muss Software verwendet werden, die die Inhalte automatisch findet, prüft und gegebenenfalls sperrt. Diese Art von Software wird jetzt schon teilweise verwendet und führt zu absurden Ergebnissen.
Die zu bestimmende Software und wie diese filtern darf und soll, wird bequem in der Verantwortung der Anbieter belassen. Also haben Facebook und YouTube die Kontrolle darüber, was hochgeladen werden darf und was nicht. Das diese Firmen eine deutlich strengere Filtermethode auswählen werden, um selbst einem möglichem Haftungsrisiko von Dritten zu entgehen, liegt auf der Hand.
Dadurch wird die komplette Netzkultur angegriffen und der freie Austausch von Meinungen und Diskussionen in Frage gestellt.
Warum soll die Verschärfung erfolgen?
Die Verlagslobby möchte sich die Werbeeinahmen von Google & Co. sichern bzw. einen Teil davon umleiten. Sie beklagen eine massenhafte und deutliche Verletzung von Urhebergeschützen Inhalten- eben auch durch Google & Co. Gerade Google nutzt die stark komprimierten Artikel in möglichen News Feeds ohne dafür die eigentlichen Urheber dafür zu entlohnen. Die Anbieter dieser Schnipsel bekommen dann bereits durch den bloßen Aufrufe Geld durch Anzeigenkunden. Zudem bleibt offen, inwieweit der Leser dieser Schnipsel Interesse auf mehr bekommt und tatsächlich den gesamten Artikel aufruft. Erst dann würde ein tatsächlicher monetärer Mehrwert für die Verlage ergeben.
Welche Auswirkungen hätte das Leistungsschutzrecht für die Praxis?
Jeder Satz, jedes Wort oder sogar jeder kleine Slogan muss nach Artikel 13 einer Überprüfung unterzogen werden.
Laden sie also Neuigkeiten als Urheber auf ihren Blog hoch, erfolgt eine Überprüfung. Laden sie ihre Urlaubsvideos auf YouTube hoch, wird überprüft ob nicht irgendwelche Markverletzungen entstanden sind. Sind sie besonders kreativ und musikalisch und füttern die diversen Musikportale, wird jedes ihrer Werke zunächst unterstellt, dass eine mögliche Verletzung vorliegen könnte. Es erfolgt also wieder eine Prüfung- sollte dann fälschlicherweise eine Ähnlichkeit festgestellt werden, liegt es dann bei ihnen das Gegenteil zu beweisen. Ähnlich verhält es sich jetzt schon bei möglichen Verstößen gegen die YouTube Nutzungsregeln. Und bis dann eine erneute Freischaltung des eigenen Kanals erfolgt, kann es schon mal dauern..
Wer ist dafür verantwortlich?
Axel Voss, CDU Mitglied und seit 2009 im Europäischen Parlament und für den Rechtsausschuss der EU tätig. Auf seiner Initiative ausgehend, wurde die Verschärfung des Leistungsschutzrechts angestrebt. Still und heimlich und hinter verschlossenen Türen wurde über möglichen Änderungen getagt, beinahe unbemerkt die verschiedenen Institutionen passiert, bis letztlich ein Aufschrei durch die Netzgemeinde ging. Die Fronten verhärteten sich schnell und begann eine unerbittliche und hart geführten Debatte der beiden Lager in nie dagewesener Schärfe.
Übrigens: Herr Voss hat in den letzten Wochen rund 60.000 Emails GEGEN seine Initiative bekommen. Neben dieser „Spamflut“ reihten sich diverse Internetgrößen, hunderte Wissenschaftler, verschiedene Bürgerrechtsorganisationen und sogar viele konservative Politiker aus allen möglichen EU Ländern und Lagern ein.
Welches Ergebnis liegt aktuell vor? Und wie geht es weiter?
Am 05.07.2018 hat das Europäische Parlament überraschenderweise GEGEN den aktuellen Entwurf der Lobbygruppen gestimmt. Ist damit also alles vom Tisch? Von wegen! Am 12. September wurde der nächste Entwurf dem Parlament erfolgreich vorgelegt und die Debatte neu angeheizt. Der leicht veränderte Entwurf erhielt die nötige Mehrheit. Somit beginnen die Trilog-Verhandlungen ohne genauen Ausgang. Am Ende wird das Europaparlament dem endgültigen Gesetzestext zustimmen- oder aber auch nicht.
Wie sieht das liberale Fazit zum Leistungsschutzrecht aus?
Als Fürsprecher eines freien und liberalen Internets können Filter und Zensurwerkzeuge niemals eine moderne oder angepasste Lösungen sein. In der Tat erscheint der Zugriff auf Artikel und News in erster Linie als ein Eingriff in fremdes (geistiges) Eigentum. Und gerade dass damit durch entsprechende Werbekunden Umsatz ohne Eigenleistung erzielt wird, lässt die Position der Verlagshäuser nachvollziehbar erscheinen.
Jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Artikelfetzen nur einen Bruchteil der eigentlichen Leistung darstellen und als Appetithappen gerade zum Klick auf die entsprechenden Links zum Hauptartikel verleiten sollen. Für diese Dienstleistung zahlen die Verlagshäuser überhaupt nichts! Falls aber diese Art der Auflistung von Artikeln durch Dritte nicht gewünscht wird, besteht die Möglichkeit, sich aus dieser Verlinkung bei (beispielsweise) Google herauszunehmen. Ganz einfach. Ist damit eine gerechte Lösung gefunden ?
Selbstverständlich muss ein Umdenken bei Google oder Facebook erfolgen, Verlagshäusern und Urhebern mehr Steuerungsmöglichkeiten für deren geistigen Eigentum einzuräumen. Jedoch kann dies nicht wieder auf den Rücken der Bürger der EU ausgetragen werden. Ein generelles und pauschales Scannen jeden Inhalts auf mögliche Urheberverletzung steht in keinem Verhältnis zu der freien Meinungsbildung innerhalb des Grundgesetzes. Daher wäre es angebracht, dass die Verlagshäuser und Herrn Voss den Dialog mit möglichen Verursachern suchen und einen Kompromiss finden ohne eine Abstrafung der Bürger.
Herzlichst
Ihr stellvertretender Kreisvorsitzender David Flügel