XXL-Landtag verhindern!

Was schlägt die FDP vor?

Der Vorschlag ist, aus den 70 Landtagswahlkreisen nur noch 38 Wahlkreise zu machen. Es soll 1:1 die Struktur der aktuellen Bundestagswahlkreise übernommen werden. Das bedeutet, künftig gibt es statt 70 Direktmandaten nur noch 38 Direktmandate, die Sollgröße des Landtags bleibt aber unverändert bei 120.

Warum schlägt die FDP das vor?

Durch Überhangmandate, die entstehen, wenn von einer Partei mehr Direktmandate errungen werden, als ihr nach der Stimmverteilung eigentlich im Landtag zustünden, vergrößert sich der Landtag, weil bei allen anderen Parteien Ausgleichsmandate entstehen, um das Wahlergebnis auch in der Sitzanzahl widerzuspiegeln. Aktuell hat der Landtag 34 Abgeordnete „zu viel“. Das liegt daran, dass die Grünen 58 Direktmandate gewonnen haben, was fast der Hälfte der Sollgröße entspricht, aber insgesamt nur 32,6 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnten. Deshalb musste bei allen anderen Parteien so lange aufgefüllt werden, bis das Kräfteverhältnis dem Wahlergebnis entsprach. Reduziert man nun die Direktmandate auf 38 und verteilt 82 Mandate über Landeslisten, wie es die FDP vorschlägt, ist das Risiko von Überhangmandaten sehr, sehr klein. So erreicht man, dass der Landtag nicht weiter aufgebläht und auf seine Sollgröße rückgeführt wird.

Was passiert, wenn man das nicht macht?

Das Wahlrecht wurde jüngst so gefasst, dass es eine Erst- und eine Zweitstimme gibt. Damit kam ein weiterer Faktor hinzu, der das Parlament aufblähen kann, das Stimmensplitting. Durch die Möglichkeit, Erst- und Zweitstimme an einen Bewerber einer Partei und an eine Liste einer anderen Partei vergeben zu können, erhöht sich das Risiko einer unverhältnismäßigen Aufblähung noch weiter. Wählt die Bevölkerung nochmal genauso, wie bei der Bundestagswahl 2021 würde der Landtag gemäß einer Berechnung des Politikwissenschaftlers Prof. Dr. Joachim Behnke statt der Sollgröße von 120 bei 216 Abgeordneten liegen und einen dreistelligen Millionenbetrag zusätzlich kosten. Der Vorschlag der FDP würde die Sollgröße von 120 aber einhalten.

Leidet darunter die Bürgernähe, wenn die Wahlkreisgrößen sich annähernd verdoppeln?

Nein. Wo vorher 120 Abgeordnete das ganze Land repräsentieren sollten, werden auch weiterhin 120 Abgeordnete das ganze Land repräsentieren. Es gibt aber keine zusätzlichen Abgeordneten, die es für einen funktionierenden Landtag nicht braucht. Weder aus wissenschaftlicher Sicht wird künftig weniger repräsentiert, noch sind direkt gewählte Abgeordnete besser als über Listen eingezogene oder umgekehrt. Auch bei 38 Wahlkreisen wohnen die Abgeordneten schön verteilt im Landesgebiet, unterhalten dort ihre Wahlkreisbüros und kümmern sich um die Anliegen der Menschen vor Ort. Das Argument vermeintlich leidender Bürgernähe ist eine Scheindebatte, die von jenen befeuert wird, denen es um die eigenen Pfründe geht.

Warum wehren sich Grüne, CDU und SPD dann so gegen diesen Vorschlag?

Das aktuelle Wahlrecht erhöht die Wahrscheinlichkeit signifikant, dass der Landtag sogar über die bereits jetzt mit mehr als 28 Prozent zu hohe Größe von 154 Abgeordneten hinaus anwächst. Der FDP-Vorschlag schließt ein Anwachsen über 120 aber mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Das bedeutet, 34 der jetzigen Abgeordneten verlieren ihren Platz im Landtag. Mehr als 8.000 Euro Abgeordnetenentschädigung, weitere Vorteile und Privilegien wären dann weg. Bei einem größeren Landtag hingegen sind die Chancen für alle besser, erneut einzuziehen. Zudem müssten sich viele Abgeordnete durch die Zusammenlegung von Wahlkreisen der Herausforderung stellen, dass zwei Abgeordnete um eine Kandidatur konkurrieren müssten, die bislang in getrennten Wahlkreisen je eigens kandidiert haben. Es geht also um persönliche Motive der jetzigen Abgeordneten.

Warum nehmen die FDP-Abgeordneten dieses Risiko in Kauf?

Von den 18 FDP-Abgeordneten wären zehn direkt von Wahlkreiszusammenlegungen betroffen, davon vier Fünftel des Fraktionsvorstands. Die FDP-Abgeordneten sind aber der Meinung, dass es ein Privileg darstellt, die Bevölkerung im Parlament zu repräsentieren und Politik glaubwürdig sein muss. Das bedeutet, nach Ansicht der FDP-Abgeordneten darf es nicht sein, dass angesichts aller gegenwärtigen Krisen die Bevölkerung aufgerufen wird, zu sparen, die Parlamente aber immer fetter werden. Deshalb stellt jeder FDP-Abgeordnete seine eigenen, persönlichen Interessen hinter das Gemeinwohl zurück und nimmt den eigenen Mandatsverlust in Kauf. Dazu sind die Abgeordneten von Grünen, CDU und SPD nicht bereit.

Das spart Kosten, aber wird damit nicht an der Demokratie gespart?

Nein. Die Wahlpräferenzen der Bürgerschaft wären weiterhin genauso im Parlament abgebildet, wie bei mehr Abgeordneten auch. Mehr Abgeordnete bedeuten eben nicht mehr Demokratie. Ganz im Gegenteil wäre von vornherein eine rasche Handlungsfähigkeit des neu gewählten Landtags sichergestellt. Bei wesentlich mehr Abgeordneten hingegen müssten aber bspw. neue Räumlichkeiten besorgt, zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und ggf. der Plenarsaal umgebaut werden, was die Handlungsfähigkeit des Parlaments eher einschränken würde.

Die Grünen behaupten, der FDP-Vorschlag sei verfassungsrechtlich fragwürdig. Was ist da dran?

Gar nichts. Die Grünen stellen 58 Abgeordnete, von denen sicher 20 nicht mehr über ein Direktmandat einziehen könnten, wenn der FDP-Vorschlag umgesetzt wird. Deshalb wurde das Argument aufgemacht, die Persönlichkeitswahl (also Direktmandate) und die Verhältniswahl (also Listenmandate) würden verfassungsrechtlich fragwürdig zu Gunsten der Verhältniswahl verschoben. Das lässt sich leicht überprüfen und entkräften. Beim FDP-Vorschlag wären 38 Direktmandate zu 82 Listenmandaten zu vergeben. Der Direktmandatsanteil beträgt demnach 31,67 Prozent. Nach dem aktuellen Wahlrecht wären bei einem Wahlergebnis wie bei der Bundestagswahl 70 Direktmandate zu 146 Listenmandaten zu vergeben. Der Direktmandatsanteil beträgt 32,4 Prozent. Also nicht einmal ein Prozentpunkt Unterschied. Sofern die Grünen also ihre eigene Wahlrechtsreform nicht als verfassungswidrig bezeichnen wollen, darf man das getrost als Nebelkerze abtun.

Worin unterscheidet sich der Entwurf zum von der Ampel beschlossenen Wahlrecht für den Bundestag?

Für die Parlamentsaufblähung ursächlich ist das Missverhältnis zwischen gewonnenen Direktmandaten und tatsächlichem Stimmenanteil im Verhältnis zu den anderen Parteien. Man muss also diese Überhangmandate vermeiden, wenn man bei einem Zweistimmenwahlrecht vermeiden will, dass sich die Parlamente aufblähen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Die Ampel hat die Möglichkeit gewählt nur so viele Direktmandate zu vergeben, wie durch die Anzahl der Zweitstimmen gedeckt sind. Das bedeutet, ein Direktmandatssieger, der aber nur 18,5 Prozent der Erststimmen auf sich vereinigen konnte, zieht unter Umständen nicht in den Bundestag ein. Die schlechtesten Wahlkreissieger werden so lange weggekappt, bis die Sitzverteilung dem Zweitstimmenergebnis entspricht. Der FDP-Vorschlag im Land hingegen wählt den Weg, die grundsätzliche Anzahl an Direktmandaten so zu verringern, dass es unwahrscheinlich wird, dass überhaupt Überhangmandate entstehen. Beide Herangehensweisen führen dazu, eine Aufblähung zu vermeiden.

 

 

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